Reise nach Gamboura

Auf dem Gelände in Gamboura, gut hundert Kilometer von Maroua entfernt, befinden sich eine Kirche, eine Poliklinik, eine Grundschule und mehrere Wohnhäuser. Der Generator machte Probleme, und so wurde Martins technischer Beistand gewünscht. Beim Überlegen, an welchem Tag wir dorthin fahren könnten, schied der Donnerstag aus. Da findet nämlich ein wichtiger Markt auf der Strecke statt. Das bedeutet, dass Ware und Geld transportiert wird. An solchen Tagen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Wegelagerer Reisende anhalten und ausrauben. „Reise nach Gamboura“ weiterlesen

Klempnerarbeiten in Dagai

Die Missionsstation in Dagai besteht nun schon seit vielen Jahren. In dieser Zeit haben Missionare und einheimische Mitarbeiter dort eine Gemeinde, eine medizinische Arbeit, eine Grundschule und ein landwirtschaftliches Projekt aufgebaut.

Es gibt eine Reihe von Wohnhäusern, die Gebäude der Klinik, Klassenräume, Wohnungen für Lehrer, die Kirche, ein Wohnhaus für den Pastor, Werkstatt und Lagerräume, zwei direkt nebeneinander stehende Wassertürme und einen Tiefbrunnen. Der elektrische Strom kommt von einem kleinen Generator, einem Ein-Zylinder-Motor von Hatz. Wenn der Motor läuft, befördert eine elektrische Pumpe im Tiefbrunnen Wasser in die beiden Wassertürme.

Zwei Wassertürme aus Beton stehen Seite an Seite.
Die beiden Wassertürme in Dagai.

Früher war es nicht so wichtig, zu wissen, wer nun genau wie viel Wasser verbraucht hat. Die Mission unterstützte die „Station Dagai“ insgesamt. „Klempnerarbeiten in Dagai“ weiterlesen

Sparkasse

Wir leben nun schon eine ganze Reihe von Jahren in Maroua. Und fast ebenso lange kümmere ich mich um Verwaltung und Finanzen. Nicht ausschliesslich zwar, aber doch den überwiegenden Teil meiner Zeit. Und trotz der vielen Jahre mache ich immer noch neue Erfahrungen. Von einer dieser Erfahrungen will ich hier berichten.

Einer unserer Geländewagen ist alt geworden. Seit mehr als 25 Jahren wurde er von verschiedenen Personen genutzt. Zwar fuhr er pro Jahr nur etwa 10.000 km, aber diese Kilometer hatten es oft in sich. Schon manchmal habe ich gedacht, man hätte neben dem Kilometerzähler auch noch einen Betriebsstundenzähler einbauen sollen. Denn oft sind wir hier zwar lange unterwegs, schaffen jedoch nur wenige Kilometer.

Nun beschliessen wir, diesen Wagen zu verkaufen. Nicht nur, dass der Wagen alt ist, es wird auch immer schwieriger, dafür noch Ersatzteile zu finden.

Mehrere Leute interessieren sich für das Fahrzeug, bieten aber nur wenig Geld dafür. Dann kommt jemand, der gleich deutlich mehr bietet. Da es sich hierbei auch noch um den Ältesten einer Gemeinde handelt, der das Fahrzeug auch für die Arbeit der Gemeinde mit nutzen will, bekommt er den Zuschlag.

Er muss also das Geld für den Kauf bringen. Er erklärt uns, dass er mit einem anderen Mann zusammen eine Sparkasse habe. Ich frage nach, ob er das Geld auf der Bank habe. Nein, nicht auf der Bank, sondern zuhause.

Am nächsten Tag schicken die beiden Männer jeder einen Sohn, welche uns gemeinsam das Geld bringen. Vielleicht kommen sie zu zweit, weil es einfach sicherer ist. Auf jeden Fall aber kommen sie zu zweit, weil das Gewicht des Geldes so hoch ist. Denn fast der gesamte Betrag besteht aus 500F-Münzen. Zwei von unseren Mitarbeitern sind eine ganze Weile beschäftigt, zusammen mit den beiden jungen Männern das Geld zu sortieren, zu zählen und zu rollen.

Nachdem also das Geld bei uns ist, setze ich einen Kaufvertrag auf, mit dem Titel „Certificat de Vente“. Im Grunde stehen dort die Daten des Verkäufers, des Käufers und des Fahrzeugs untereinander, dazu der Kaufpreis, Ort und Datum, und die beiden Unterschriften.

Als nächsten Schritt muss nun eine Behörde die Echtheit meiner Unterschrift bestätigen. Vor einigen Jahren war ich auf dieser Behörde, und habe meine Unterschrift dreimal in einem dicken Buch hinterlegt. Dieser Eintrag in dem Buch hat eine Nummer. Auf dem Kaufvertrag habe ich die Nummer meiner Unterschrift notiert. Mein Mitarbeiter hat nun den Kaufvertrag dieser Behörde vorgelegt, welche die Echtheit meiner Unterschrift bestätigt hat. Die Gebühren hierzu betragen 1.000 F CFA (etwa 1,50 EUR). Ausserdem behält die Behörde eine Fotokopie des Kaufvertrags, sowie eine Kopie des Fahrzeugscheins.

Das Original des Fahrzeugscheins streiche ich nun mit einem roten Stift durch, und notiere quer über das Papier „vendu“ — verkauft. Der Fahrzeugschein heisst hier „carte grise“, wörtlich also „graue Karte“, und enthält deutlich weniger Angaben als ein Fahrzeugschein in Deutschland.

Der Käufer bekommt von mir das beglaubigte Original des Kaufvertrags, und ich behalte eine Kopie. Ausserdem bekommt er den durchgestrichenen Fahrzeugschein. Natürlich habe ich ihm auch sämtliche Schlüssel des Fahrzeugs gegeben. Er hat einen Fahrer geschickt, welcher das Fahrzeug abgeholt hat.

Der Käufer muss nun mit dem Original des Kaufvertrags zum Finanzamt gehen, und dort fünf Prozent des Kaufpreises als einmalige Steuer zahlen. Die nächste Station ist die Zulassungsstelle. Dort wird der alte Fahrzeugschein eingezogen, und ein neuer Schein ausgestellt. Dieser Vorgang dauert mehrere Tage, und kostet noch einmal Gebühren. Das Fahrzeug bekommt bei dieser Gelegenheit ein neues Kennzeichen zugeteilt. Man muss also noch neue Kennzeichen anfertigen lassen, was mindestens zwei Wochen dauert.

Doch warum hat uns der Käufer den Kaufpreis in Geldmünzen gebracht? Das musste ich doch noch herausfinden.

Zuerst hatte ich es so verstanden, dass er das Geld angespart hatte, also nach und nach zurückgelegt, und dass es sich deshalb um Münzen handelte. Doch bei einem Gespräch machte der Käufer eine Bemerkung, welche mich auf den wahren Grund brachte: Münzen überstehen ein Feuer besser, und werden auch von den Termiten nicht aufgefressen. Vielleicht schützt das hohe Gewicht der Münzen auch besser vor Dieben, das weiss ich nicht. Der Hauptgrund war jedenfalls die Angst, durch ein Feuer das gesamte Geld zu verlieren.

Martin

Fahrt nach Dagai – 30. August 2004

Noch haben die Kinder Schulferien. Wir möchten gerne einen Familienausflug machen. Da kommt ein Notruf aus Dagai.

Leute waten durch den Fluß
Leute waten durch den Fluß

Dagai ist ein ca. 60 km entfernt gelegenes Dorf, in dem früher Missionare der ΕΒΜ gewohnt haben. Heute besteht dort eine große Baptisten­gemeinde, eine Grund­schule der Kirche und eine Poliklinik. Außer­dem engagiert sich dort Todou Raymond in dem landwirt­schaftlichen Projekt Djouwai. Raymond kümmert sich auch um die Instand­haltung des Geländes.

Jetzt ist allerdings der Generator kaputt. Ohne Generator gibt es keinen Strom. Ohne Strom kann man kein Wasser in den Wasser­turm pumpen. Wasser ist aber doch sehr hilfreich. Nicht nur in der medizinischen Arbeit ist es von großem Nutzen. Dort wird der Strom aber außerdem zum Sterilisieren der Instrumente benötigt.

Wir beschließen also, den Familien­ausflug und diese Dienst­fahrt miteinander zu verbinden.

Lotsendienst am Mayo Louti
Lotsendienst am Mayo Louti

Wir erkundigen uns bei Leuten, die aus Dagai stammen, welchen Weg wir nehmen sollten. Vom direkten Weg raten uns alle ab. Denn dieser Weg endet kurz vorm Ziel an einem Fluß. Diesen kann man, wenn er Wasser führt, nicht mit dem Auto durchqueren.

Wir sollen Richtung Hina fahren, dann immer gerade aus, und dann links ab. Der Weg ist angeblich ganz einfach zu finden.

Beruhigend ist, daß Martin den Ort Dagai schon im GPS-Gerät gespeichert hat. Auf die Art haben wir einen Orientierungspunkt, selbst wenn wir diesmal eine uns ungewohnte Strecke fahren.

selten befahrener Weg
selten befahrener Weg

Mit einem ordentlichen Wasservorrat und der Werkzeugkiste machen wir uns auf die Reise.

Nach gut einer Stunde Fahrt kommen wir an den Fluß. An dieser Stelle ist die Durchfahrt betoniert. Wir staunen über die Wassermenge. Ob wir da hindurchfahren können?

Ein junger Mann gibt uns freundlich Auskunft. Er erklärt sich bereit, vor uns herzulaufen. So kann er uns helfen in der Spur zu bleiben. Wir halten die Luft an. Martin fährt mit Bedacht und Umsicht los. Und dann freuen wir uns, als wir wohlbehalten wieder trockenen Boden unter den Rädern haben.

geradeaus oder besser links fahren?
geradeaus oder besser links fahren?

Nachdem wir den Ort Hina durchquert haben, erkundigen wir uns bei einem entgegenkommenden Motorradfahrer nach dem Abzweig nach Dagai. „Dagai? Kein Problem! Fahrt ein Stück weiter, dann kommt eine Kreuzung und dort biegt Ihr links ab.“ Wir danken und fahren weiter über die Piste. Nachdem wir länger keine Kreuzung entdecken können, fragen wir uns schon, ob wir sie vielleicht doch übersehen haben. Da sehen wir einen Radler, der in die gleiche Richtung unterwegs ist, wie wir. „Nur noch einen Kilometer bis zur Kreuzung! Da ist das Gehöft von XY, da geht’s ab!“ Wir fahren einen Kilometer – keine Querstraße. Das GPS-Gerät bestätigt uns inzwischen, daß Dagai schon ziemlich links von uns liegt.

zum Glück ist das Wasser hier nicht tief
zum Glück ist das Wasser hier nicht tief

Ein Stück weiter sehen wir ein paar Leute im Schatten eines Baumes sitzen. Links ist auch ein Gehöft zu sehen.“Ja, da vorne biegt ihr links ab!“ Sie zeigen in die Richtung der Straße, wo das Gehöft endet. Dort geht ein schmaler Trampelpfad zwischen hohen Hirse-Stängeln links ab. DEN meinen sie doch bestimmt nicht. Deswegen lassen wir diesen Weg auch links liegen. Dann sehen wir aber im Rückspiegel, wie die Leute uns eifrig nachwinken. Wir setzen zurück. Tatsächlich, sie raten uns DIESEN Pfad zu nehmen. Nachdem wir abgebogen sind, zeigt auch unser GPS-Gerät an, daß Dagai jetzt vor uns liegt. Das ist doch schon einmal etwas wert. Luftlinie bleiben noch 12 km zurückzulegen. Dafür benötigen wir nochmal ca. eine Stunde!

Valentina
Valentina

Wir sind erleichtert, als wir nach über drei Stunden Fahrt am Ziel sind und uns die Beine vertreten können. Todou Raymond und seine Frau Valentina begrüßen uns herzlich. Sie freuen sich riesig, daß wir als Familie gekommen sind. Sie geben uns Zugang zu einem Haus, wo wir uns etwas ausruhen können. Ich habe Kopfschmerzen, lege mich auf ein Bett und schlafe erst mal eine Stunde. Martin hingegen geht sofort an die Arbeit.

Später mache ich einen Besuch bei Valentina. Sie bereitet für uns ein Mittagessen zu. Ihre Kinder machen mit uns einen Rundgang auf dem Gelände. Die zwei Mädchen und der Sohn haben übrigens bedeutungsvolle Namen:

Raymond und Valentina mit ihren Kindern (am Motorrad ein Besucher)
Raymond und Valentina mit ihren Kindern (am Motorrad ein Besucher)

1. Anni Maingeti Alliance: Sieh her! – Geschenk – Bund. Damit drücken die Eltern ihr Staunen über das Geschenk aus, das Gott ihnen in ihrem Ehebund gegeben hat.

2. Abapou Singram Prudence: Wo ist sie so schnell hergekommen? – lachen – Klugheit. Diesmal haben die Eltern gestaunt, daß sie wieder ein Baby erwartet haben. Die Frau hatte nach der letzten Geburt noch nicht wieder ihre Periode gehabt. Darüber werden bestimmt viele Leute lachen! – Also wünscht man sich Klugheit

3. Brazza Afnatang Phinée: Der hat Rippen / Kraft – er wird alle übertreffen – und Phinée entspricht Phineas aus der Bibel

Timon im Fahrtwind
Timon im Fahrtwind

Wir gucken uns die Schule an, grüßen den Pastor, besuchen die Lehrer-Familien und dann lädt Valentina uns zum Essen ein. Sie hat lecker gekocht. Um uns eine Freude zu machen, hat sie Nudeln zubereitet. Die Männer sind inzwischen mit ihrer Arbeit fertig. Das Ersatzteil, welches Martin auf Verdacht aus Maroua mitgenommen hatte, war das Richtige. Der Fehler ist behoben. Alle sind erleichtert.

Wir genießen das leckere Essen und unterhalten uns gut.

Es geht auf 15.00 Uhr zu. Da wir wieder mit 3 Stunden Fahrzeit rechnen müssen, sollten wir uns zügig auf den Heimweg machen. Also heißt es Abschiednehmen. Raymond schenkt uns noch Perlhuhn-Eier.

Das Wasser ist gefallen.
Das Wasser ist gefallen.

Die Rückfahrt kommt uns einfacher vor. Timon freut sich über den Fahrtwind.

Bei der Flußdurchfahrt brauchen wir diesmal keinen Führer. Wir können sogar die Begrenzungssteine rechts und links der Betonfläche erkennen.

Gegen 17.30 Uhr befinden wir uns schon auf der Asphaltstraße. Bei Mokong sehen wir zwei unserer Kolleginnen am Straßenrand beim Abendspaziergang. Wir halten kurz an und grüßen einander. Ich bin froh, eben ein paar Schritte gehen zu können, da ich mich sehr schlecht fühle.

Dieser Wagen bringt Feuerholz nach Maroua.
Dieser Wagen bringt Feuerholz nach Maroua.

Als wir weiterfahren möchten, streikt der Anlasser. Die Kinder steigen aus und schieben mit Hilfe der Kolleginnen den Landcruiser an.

In der Abenddämmerung erreichen wir Maroua.

Wir sind Gott dankbar, daß wir vor Einbruch der Dunkelheit wieder wohlbehalten zuhause sind.

Ich muß erst mal spucken und lege mich dann schnell schlafen.

Ich staune, wie Martin, der ja noch die ganze Zeit gefahren ist und in Dagai gearbeitet hat, durchgehalten hat.

Christel Pusch
Video: Timon und die Rinderherde [4,9 MB]